Fragen der Liturgie

Zur Frage der Zelebrationsrichtung

Heute hört man wieder vermehrt Stimmen, die die Ansicht vertreten, die richtige Zelebrationsrichtung sei die einer Prozession. Dabei steht vorne der Priester und hinter ihm stehen die Gläubigen, wobei alle zum Hochaltar bzw. nach Osten ausgerichtet sind, weil von dorther der wiederkommende Herr erwartet wird.

Der Ansicht, dass dies die richtige Form der Zelebration sei, kann ich mich aus verschiedenen Gründen nicht anschließen. Zum ersten erinnert mich diese Haltung sehr stark an die Aufstellung von Priester und Volk beim alttestamentlichen Opfer. Wir stehen aber nicht mehr im Alten Bund, sondern im Neuen. Auch scheint es mir problematisch zu sein, so zu tun, als müssten wir das Kommen des Herrn erst noch in der Zukunft erwarten. Der Herr ist doch schon mitten bei uns, d.h. mitten in seiner Kirche. „Wenn zwei oder drei in meinem beisammen sind, dann bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Jesus scheint mir bei dieser Ausrichtung nach Osten aber an den Rand gerückt, ja seiner Kirche noch ferne zu sein.

Aus all diesen Gründen empfinde ich es deshalb immer als „verkehrt“, wenn ich mit dem Rücken zum Volk zelebrieren muß. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Jesus im Abendmahlssaal seinen Jüngern den Rücken zugekehrt hat. Auch hat die frühe Gemeinde bekanntlich „in den Häusern das Brot gebrochen“ (Vergl. Apg. 2, 46). Auch hier haben die Apostel und Ältesten mit Sicherheit nicht in der „Prozessionsaufstellung“ zelebriert.

Bei der heute weithin üblichen Messfeier am Volksaltar aber steht eindeutig Jesus in der Mitte der Gläubigen. Das Konzil hat ja festgestellt, dass Jesus auf vierfache Weise während der Messe gegenwärtig ist: Er ist gegenwärtig im Altar, der deshalb vom Priester geküsst wird; gegenwärtig in seinem vom Ambo aus verlesenen Wort; gegenwärtig in der Gestalt des die Messe feiernden Priesters, der bekanntlich „in persona Christi“ die Wandlungsworte spricht und gegenwärtig in den gewandelten Gaben, in Leib und Blut Christi. Christus steht hier also in der Mitte seines Volks – nicht aber an der Peripherie und in der Hoffnung, dass er am Ende der Zeiten irgend einmal kommen wird.

Wenn manche Mitbrüder Schwierigkeiten damit haben, bei der Messe von den Gläubigen angeschaut zu werden: Niemand hindert sie doch, zeitweise die Augen zu schließen. Dies kommt doch der Sammlung und Konzentration nur zugute. Außerdem soll bekanntlich in jedem von uns „Christus Gestalt gewinnen“ (Gal. 4, 19), so dass wir mit Paulus sagen können: „Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir“ (Gal. 2, 20). Wenn der Priester in dieser Haltung das Heilige Messopfer vollziehe, dann liegt doch die Gefahr, eine „Ein–Mann–Schau“ abzuziehen, absolut fern.